Zu den Hauptinhalten springen
Icon ZugIcon S-BahnIcon PlusBus
Symbol Auge

Grünes Licht im Zugverkehr: DB -Tochter start übernimmt im Dezember das Dieselnetz in Sachsen-Anhalt von Abellio. Ihr erklärtes Ziel: Verbesserungen ohne große Veränderungen. Nur die Farbe wechselt. Was steckt hinter der neuen Weichenstellung?

Dieser Artikel erschien zuerst in unserem Kundenmagazin nah klar.

15. Dezember um 0.00 Uhr

Im Charlottencenter, nicht weit von Halles Hauptbahnhof, herrscht Aufbruchstimmung: Schreibtische werden eingeräumt, Kabel verlegt, Umzugskisten ausgepackt: Das junge Bahnunternehmen start rüstet sich auf einer Büroetage für seinen Start in Sachsen-Anhalt. Mit dem Fahrplanwechsel am 15. Dezember um 0.00 Uhr übernimmt die DB-Tochter unterm laufenden Rad das regionale Dieselnetz vom Vorgänger Abellio Rail Mitteldeutschland. Zum Netz gehört ein Großteil der dieselbetriebenen Strecken in Sachsen-Anhalt, darunter die Verbindungen von Magdeburg in die Harz-Städte, von Halle nach Goslar, von Dessau nach Aschersleben und viele weitere Strecken in Börde und Altmark. Es ist mit Abstand das größte Bahnnetz in Sachsen-Anhalt.

Standortleiter Markus Hoffmann ist die fast kindliche Freude über die neue Aufgabe deutlich anzumerken. Der 52-Jährige ist gelernter Energieelektroniker und Lokführer. Jetzt eilt der leidenschaftliche Bahner und Planer von Zimmer zu Zimmer, führt viele Gespräche, organisiert den Aufbau der Teams. „Unsere wichtigste Mission lautet: stabil und zuverlässig fahren“, sagt Hoffmann. „Die Betriebsqualität soll besser werden. Dafür bringen wir eine genaue Kenntnis der Region und viel Erfahrung im Aufbau neuer Netze mit.“

Das D-Ticket gilt!

In allen Zügen des Dieselnetzes Sachsen-Anhalt, die ab 15. Dezember von start bedient werden, gilt unverändert das Deutschlandticket. Es kann unter www.insa.de/d-ticket bestellt werden. D-Tickets werden in der INSA D-Ticket- App angezeigt. Außerdem kann das Ticket über die DB-Vertriebskanäle wie bahn.de und den DB Navigator erworben werden.

Nur die Farbe ändert sich

Aus der Perspektive der Kunden soll sich neben mehr Pünktlichkeit aber nur die Farbe ändern: in leuchtendes Grün. Die Zugbegleiterinnen und Zugbegleiter der Start GmbH tragen grüne Shirts und Jacken, auch die 54 Triebwagen und die Ticketautomaten werden nach und nach mit start-Logos versehen. Die Fahrpläne bleiben jedoch nahezu unverändert.

Das Herz des dieselgetriebenen Netzes schlägt künftig in der Hauptniederlassung in Halle: In einem Großraumbüro sitzen rund um die Uhr drei Disponentinnen und Disponenten vor Monitorwänden und Bildschirmen, auf denen Gleissysteme blinken, und regeln den Bahnverkehr. „Die zentrale Leitstelle ist das Herz und Hirn unseres Betriebs“, sagt Hoffmann. „Sie hat direkten Kontakt zu den Lokführern und Fahrdienstleitern.“ Auch über Personal und Fahrzeuge wird hier kurzfristig entschieden, um flexibel auf Störungen reagieren zu können. Neben den Disponentinnen und Disponenten sind hier künftig auch Infomanagerinnen und Infomanager im Einsatz, um die Fahrgäste von früh bis spät über Ausfälle und Verspätungen im Ablauf zu unterrichten – auf verschiedenen Kanälen und in Echtzeit.

Winterausflüge mit dem Zug

Viele Bahnhöfe des Dieselnetzes sind auch im Winter ideale Ausgangspunkte für Ausflüge. Das Bodetal, von Thale aus gut erreichbar, bietet in der kalten Jahreszeit zauberhafte Winterwanderwege, etwa auf den Hexentanzplatz und die Rosstrappe, die auch per Seilbahn und Sessellift zu erreichen sind. Von den Aussichtspunkten hat man einen atemberaubenden Blick über den Harz, kann die Allwetterrodelbahn testen oder bei ausreichend Schnee richtig rodeln. In Blankenburg wird bei genügend Frost der Teich im Kurpark zur Eislaufbahn. In Wernigerode und anderen Bahnhöfen kann man gut in die Harzer Schmalspurbahn umsteigen. Auch das UNESCO-Weltkulturerbe Gartenreich Dessau-Wörlitz ist ein reizvolles Ziel für winterliche Erlebnisse.

9,3 Millionen Zugkilometer

Pro Jahr sind im 980 Kilometer langen Schienennetz etwa 8,4 Millionen Zugkilometer in Sachsen Anhalt zu fahren, zusammen mit den angrenzenden Bundesländern sind es sogar cirka 9,3 Millionen Zugkilometer. Die Verträge von start mit den Auftraggebern Sachsen-Anhalt, Thüringen und dem Regionalverband Großraum Braunschweig laufen bis Dezember 2032. Dann wird neu ausgeschrieben. Für die 2016 gegründete Tochter der Deutschen Bahn AG ist es das vierte regionale Schienennetz deutschlandweit und das erste in Sachsen-Anhalt. Der Vorgänger Abellio war 2021 in wirtschaftliche Schieflage geraten und steigt im Zuge der Sanierung des Unternehmens vorzeitig aus dem Vertrag aus. Nach einer europaweiten Ausschreibung erhielt start den Zuschlag.

„Die Bahn öffnet sich“

„Wir sind uns der Herausforderungen eines solchen Betreiberwechsels bewusst und arbeiten gemeinsam mit der Führungsebene, den Beschäftigten und Abellio an einem reibungslosen Übergang“, betont NASA-Geschäftsführer Peter Panitz. Er kennt die Hinweise einiger Reisender auf Qualitätsschwierigkeiten von start in anderen Bundesländern – mit dem Übergang von Personal und Fahrzeugen seien die Verhältnisse hier jedoch anders. Auch Standortchef Markus Hoffmann verspricht sich von der friedlichen, einvernehmlichen Übernahme einen geräuschlosen Neubeginn: „Wir arbeiten sehr gut zusammen.“

Ein Großteil der bisherigen Beschäftigten wechselt dabei von Abellio zu start. Rund 150 Lokführerinnen und Lokführer sowie 150 Fahrgastbetreuerinnen
und -betreuer
schlüpfen ab 15. Dezember in die grüne Dienstkleidung. Mindestens 100 weitere Mitarbeitende werden neu eingestellt und neu ausgebildet. Unter ihnen sind auch viele Menschen aus anderen Dienstleistungsberufen wie Frisörinnen, Bäcker, Gastronomen oder Tätowierer. „Die Bahn öffnet sich“, sagt Hoffmann. „Wichtig sind uns Menschen mit Kundenerfahrung.“

Ein überdurchschnittlich großer Personalpool soll dazu beitragen, Ausfälle und Verspätungen zu minimieren. Insgesamt sollen bei start Mitteldeutschland mehr als 550 Beschäftigte und Auszubildende arbeiten: rund 400 auf dem Gleis und 50 an den Standorten in Halle, Magdeburg und Halberstadt. Dort werden die Alstom Coradia LiNT-Fahrzeuge weiterhin gewartet und instandgehalten. Hinzu kommen in den nächsten Jahren mehr als 100 Auszubildende.

Für manche Kolleginnen und Kollegen bedeutet der Wechsel zu start sogar einen Karriereschritt. Wie für den 26-jährigen Kay Kümmel. Er hat schon zehn Jahre bei der Bahn gearbeitet, zuletzt als Zugchef in ICEs. Seit Juli ist er bei start einer von vier Teamleitern für die 180 Fahrgastbetreuerinnen und -betreuer. „Neues zu entwickeln und mitzugestalten, ist ein Traum für mich“, sagt der Hallenser. Diese Chance bekommt er jetzt: Sein Chef legt Wert auf flache Hierarchien, flexible Arbeitsplätze, schnelle Absprachen und das kollegiale „Du“ bis hinauf zum Chef. Start sei mehr Start-up als Staatskonzern, heißt es dort. Wer Markus Hoffmann auf den Bürofluren in Halle herumwuseln sieht, glaubt das gern.

Enthusiasmus für die "Wilde Zicke", ein Neu-"start", große Pläne für den Hochleistungskorridor und viele weitere Themen: Holt euch unser Kundenmagazin nah klar jetzt in den Zügen, Bussen im mein-Takt-Netz und auf eurem Bahnhof.

Oder digital in unserer Mediathek.